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Stark und unabhängig

„Ich bin stark und unabhängig“ Keine Ahnung wie oft ich diesen Satz schon gesagt habe. Meistens nur zu mir, ganz heimlich in meinem Kopf. Manchmal aber auch zu Anderen. Familie, Freunden. Und zu dir.  Zu dir. Mit deinem verflixten Lächeln und den blauen Augen.  „Stark und unabhängig“ am Anfang war es nur eine Floskel. Leere Worte. Fake it till you make it.  Ich hab‘ erst so getan und es dann wirklich gefühlt. Und als es soweit war, war ich frei. Komplett frei. Ich allein gegen die Welt.  Es ist wohl das größte Glück wenn man niemanden braucht. Niemanden der einen rettet. Niemanden der einen trägt. Ich rette mich selbst und trage mich selbst. Ich bin mir selbst das Wichtigste.  Und dann dein Auftritt. Verflixtes Lächeln, blaue Augen. Du entwaffnest mich und machst dich seelenruhig daran die Steine um mein Herz abzutragen. Und nach nur wenigen Wochen stehst du direkt davor und bittest um Einlass. Ich versuche dich wegzuschubsen. Wieder und wieder, Streit um Streit aber du blei

1945 - 2017

Meine Oma war eine Heldin. Mit diesen Worten beginne ich eine Rede, die ich eigentlich gar nicht halten möchte. Ich möchte sie nicht halten weil ich nicht wahrhaben will, dass ich nie mehr in die blauen Augen sehen werde, die meinen so verdammt ähnlich sind. Aber wir alle wissen: Zu einem großen Leben gehört der Tod. Und das Leben meiner Oma war groß. Sie war eine Frau mit Geschichte. Sie hat erlebt, gelebt und geliebt. War in tiefen Tälern, auf hügeligen Wegen und auf dem Gipfel  Zuhaus‘.  Sie war stark und anmutig. Schlau und großzügig. Witzig und gerecht.  Sie hat uns alles geschenkt was man einem anderen Menschen schenken kann und uns keinen Tag daran zweifeln lassen, dass sie uns liebt.  Natürlich war sie manchmal zu stur oder zu verbissen aber einen Menschen machen nicht die perfekt geschliffenen Seiten, sondern die rauen faserigen Kanten aus. Meine Oma war meine Heldin. Die meiner Kindheit und die meines Herzens. Sie hat mich beeinflusst und geprägt, auf jede erdenk

Lieb' dich selbst im Internet

Ich klicke mich durch meine Instagram Timeline. Ein bisschen stöbern, gucken und scrollen. Herzchen hier, Kommentar da. Ohne Ziel und tieferen Sinn. Einfach nur schauen. Einfach nur die Zeit vertreiben. Bei dem Bild einer jungen Frau bleibe ich hängen. Ich schätze sie auf Anfang 20. Ihre Augen spiegeln das Licht, die Haare fallen ihr lockig über die Schultern und die dunkelrot geschminkten Lippen glänzen verhängnisvoll. Sie ist schön so wie sie da sitzt – nur in Unterwäsche auf ihrem Bett. Die paar Kilo die sie zu viel hat stehen ihr, weil sie so aussieht als sei sie glücklich. Als ich auf das kleine Herz unter ihrem Beitrag klicken und es so mit Farbe füllen will, springt mir die Bildunterschrift ins Auge.  Ich überfliege die paar Zeilen in denen sie predigt, dass es wichtig ist sich selbst zu lieben und die mit den Hashtags #loveyourself und #stopbodyshaming versehen sind. Ein paar Sekunden noch schwebt mein Finger ohne Auftrag über dem herzförmigen Symbol, ehe ich weit

Liebesbrief an eine Stadt

Einhudertdreiunddreißig Tage – exakt so lange habe ich in Sydney gewohnt. Sicher keine Ewigkeit, ganz im Gegenteil, aber lange genug um sich Zuhause zu fühlen. Denn irgendwie geht das ganz schnell wenn die Stadt so wunderbar und die Menschen so liebenswürdig sind. Spätestens wenn du in der Abendsonne durch den botanischen Garten zum Opera House spazierst hast du dein Herz verloren. Ja, es war sicher keine Ewigkeit, aber trotzdem kommt es mir ein bisschen so vor. Denn Sydney hat mich zusammen geflickt. Als ich vor ein paar Monaten in das Flugzeug gestiegen bin, da bestand ich nur aus ein paar losen Teilen, provisorisch zusammen gehalten von der Unterstützung meiner Freunde und dem Rückhalt meiner Familie. Ich war lückenhaft und unvollständig. Unzählige Kämpfe und Zweifel hatten mich Teile meiner Selbst gekostet. Hier einen Schnipsel meines Herzens, dort ein Stückchen meines Lächelns. Aber Sydney war wie Nadel und Faden. Ich weiß nicht genau was es war. Vielleicht de